Vieler guten Dinge sind drei
Ich fahre ja mit dem Motorrad nun wirklich nicht sehr oft auf Asphalt – eher treib ich mich im Dreck, Staub und Gatsch herum. Aber wenn ich schon den harten Boden der Realität unter mir haben muss, dann fühl ich mich am wohlsten, wenn dabei ein Knie auf der Erd’ ist. Sehr viel am wohlsten. Das geht bald so weit, dass ich jede Saison neue Kniepackl brauche, während ich kaum zwei Tanks Sprit verfahre.
Jetzt ist das aber keine Angeberei, wie man auf den ersten Blick meinen möchte. „Mah, der glu erzählt uns wie schnell er fährt. Er wechselt die Bremspackl seltener als die am Leder…“ Weit gefehlt. Man muss sich das eher wie einen alten Mann am Stock vorstellen. Der berührt auch mit drei Punkten den Boden – um sein Sicherheitsgefühl zu erhöhen – ist dabei aber unglaublich langsam. So ähnlich ist das, wenn ich auf einem Straßenbock unterwegs bin. Ich häng vom Bock runter, dass fast schon die Ohren schleifen, und außen überholt mich einer, aufrecht auf seiner Big Endur sitzend. Das ist mir nicht erst einmal passiert.
Aber es ist halt nun einmal die Umkehrung des Naturgesetzes „Warst net aufigstiegn, warst net owi gfalln“, dass man am Scheitel nicht weit runter fallen kann, wenn man am Kurveneingang schon fast am Boden liegt. Und so habe ich das langsame Knieschleifen perfektioniert. Das geht soweit, dass auf Rundstrecken blitzschnelle Fahrer mit dem Staunen nicht mehr fertig werden, und an der Physik zu zweifeln beginnen.
Dabei ist gerade die Physik der Grund für die Nudlerei. Ich imitiere einen Dreiradler. Der fällt auch nicht so einfach um wie ein Radl. Und da haben Sie auch den Grund, warum die Kniepackl alle 100 Kilometer zum Tauschen sind. Der Druck auf dem dritten Radl ist enorm – weil es sich ja in der Regel nicht dreht. So. Jetzt wissen Sie, was die Chefs vom MotorradMagazin schon lange wissen und sich deswegen kropfert lachen. Das erklärt jetzt auch recht schlüssig, warum der Herr von Schönlaub mit den Doohan iTank umgehängt hat.
Nein, nicht weil ich fahre wie Mick Doohan in seiner besten Zeit – ich bin ja schon mit einer regulären 500er aus Anfang der 1990er-Jahre komplett überfordert. Grund dafür ist, dass der Doohan iTank ein Dreiradler ist. Da muss ich mich dann selbst nicht mehr so bewegen, was mir jetzt im Alter eh immer schwerer fällt, um sicheren Bodenkontakt zu haben. Sie schauen halt auf mich, die Buben.
Zwei Versionen gibt es vom iTank. Der eine, ich nenne ihn den Kleinen, obwohl er genauso aussieht wie der Große, hat 2000 Watt Leistung und schafft 45 km/h und kostet ohne die Förderungen abzuziehen, 3.419 Euro. Der andere, der zu dem ich greife, hat eine Leistung von 4200 Watt und schafft eine Spitzengeschwindigkeit von 70 km/h und kostet 4.599 Euro. Die Ladung in den beiden Akkus reicht für mehr als 70 Kilometer. Die Akkus kann man ganz leicht herausnehmen und sie sind in sechs bis sieben Stunden wieder geladen. Angetrieben wird die Fuhre über einen Radnabenmotor von Bosch, die Akkus stammen von Panasonic oder LG. Der iTank selbst von der Zhejiang Doohan Technology Co., Ltd. die am anderen Ende von China sitzt, in Taizhouz City. Nach Österreich kommen die Scooter über die KSR-Group in Krems und kaufen kann man sie bei mehr als zehn Händlern in ganz Österreich – jener der Redaktion am nächsten ist Vertical in Wien Simmering, aber auch in Lustenau und Schwaz steht der Doohan in der Auslage. Aber es geht ja nicht ums Stehen. Es geht ums Fahren.
Über das Sicherheitsgefühl von drei Erdungspunkten haben wir ja inzwischen ausreichend philosophiert. Jetzt können wir daran gehen, die geometrische Aufteilung zu besprechen. Da ist die Gschicht mit dem Knie natürlich die patschertste. Zum einen brauchst Schräglage um runter zu kommen, zum anderen bremst die Schleiferei – was bei mir aber wurscht ist, weil es da eh nicht um Rundenzeiten geht. Beiwagen ist lustig, aber schwer zu fahren und so breit wie ein Auto. Jetzt kann man zwei Radl hinten montieren und eines vorne, wie beim Tretroller in meiner Kindheit, der Ape oder dem Reliant Robin. Das schaut zwar lustig aus, schützt aber nicht davor erst wieder alle naselang am Boden umazukugeln. Die Dinger stolpern ja in jeder etwas flotter angefahrenen Kurve über die eigenen Füß und rutschen dann würdelos am eigenen Gsicht in den Graben. Ganz anders ist das wenn vorne zwei Radl sind.
Volle Schräglage über die Straßenbahnschienen, über nasse Kanaldeckel oder Bodenmarkierungen. Dort wo andere bremsen oder detonieren bleibst du mit zwei Vorderrädern einfach drauf. Eines der beiden Radl hält immer, und wenn nicht, ist der Rutscher harmloser und die Fuhr fängt sich eh gleich wieder. Sogar der Nachteil des höheren Gewichts wird hier zum Bonus, weil er auf die Räder drückt, von denen wir uns richtig guten Grip wünschen. Das Schlimmste was dir also passieren kann, ist dass du mit dem Hinterrad einen Drift hinlegst, der sich von außen betrachtet gewaschen hat, sich am Bock selbst aber supereasy dirigieren lässt, weil man vorne ja immer noch zwei Hufe fest auf der Erde hat.
Gut, dass der iTank ins Driften kommt, da muss der Neusiedlersee schon dicker zugefroren sein, wenn Sie verstehen was ich sagen will. Natürlich ist der Doohan mit umgerechnet 6 PS kein Kraftlackl, der dir beim Beschleunigen die Lefzen unterm Helm rauszaht, aber in der 125er-Klasse spielt der schon sauber mit, wenn es nicht um die Höchstgeschwindigkeit geht. In Sachen Handling hat man da gar die Nase vorne. Mit dem niedrigen Schwerpunkt durch die unten verstauten Akkus lässt sich der iTank herrlich zwischen den Autokolonnen durchdirigieren. Da hat er zudem den Vorteil, dass er nicht breiter als der Lenker ist. Andere Roller dieser Bauart sind ja vorne so mächtig, dass man sie sogar mit dem Auto-Führerschein fahren darf. Der iTank ist schon viel mehr Motorrad. Ein leises halt. Mit einem ganz argen Design. Und sparsam ist er auch. Nicht nur was die Treibstoffkosten angeht. Auch mein Kniepacklkonsum geht mit dem Gefährt dramatisch zurück.
MotorradMagazin – 02/2019