Detonationstraining
für den Neueinsteiger
Bis Sie jetzt zu mir vorgedrungen sind, ist Ihnen bestimmt aufgefallen, dass sich dort und da im Heft ein bisserl was geändert hat. Unter anderem haben wir einen Neuen. Jessasna oder so. Jedenfalls, haben die Chefs den engagiert und sind kurz drauf länger auf Urlaub gefahren. Abhängen, der eine, der Knieschleifer, frische Luft tanken der andere, der angeblich aus Gründen der Ressourcenschonung nur am Hinterradl fährt. Und weil sich die anderen auch alle gedruckt haben, blieb es an mir, den Kollegen in den Redaktionsalltag einzuführen.
Jetzt, was machst mit so einem Rotzbuben, der sicher glaubt, dass ihm die halbe Welt zu Füßen liegt, nur weil er ein Moped von einem Fisch unterscheiden kann? Den muss man ja vor sich selber schützen. Das kann man sich ja ausmalen, was passiert, wenn man so einem einmal ein echtes Motorradl in die Hand gibt. Bis man sich umgedreht hat, liegt der, Fritze-Lacke, gespreizt auf der Erd und schreit nach der Mama, während die KTM Hobby hinter im absäuft.
Zum Stürzen ist der Winter eh eine dankbare Zeit. Nein, nicht, weil du gleich am Sauger liegst, bevor du mit dem Eisen die trockene Garage verlassen hast. Sondern weil es schön weichen Schnee gibt. In den fallen auch Maulhelden ohne sich groß weh zu tun. Eine richtige Reiben wollt ich dem Dings, genau, Werner hat er gesagt, heißt er, aber dann doch noch nicht in die Hand geben. Is ja schad drum. Zum Glück ist mir da der Schuster Gregor eingefallen.
Der wird Ihnen jetzt nix sagen, aber das ist der kranke Typ, der hinter diesen Sledgehammer Skibikes steht. Der kann nämlich nicht nur gut Rahmen zeichnen und findig flotte Ski drauf montieren, sondern der hat so viel Benzin im Blut, dass die OMV überlegt ihn anzuzapfen. Aber der hat nicht nur PS im Schädel, der Typ, nein. Da geht es um Geschwindigkeit, Höhe, Weite und Sound. Und weil ich seine neueste Skibike-Generation, die 5.2 eh noch nicht gefahren bin, hab ich ihn freundlich eingeladen, dem Jessasna und mir zwei der Dinger für eine Einschulung zu geben.
Erst hab ich ja befürchtet, dass der Gregor sofort die Gelegenheit nutzt und uns mit den Neuerungen volllabert. Das weiß man ja eh wie das ist. Sicher kosten ihm die echten Motorradl-Fußrasten mehr als irgend ein normales Klumpert, und klar haben die Vorteil, wie beim Moped auch, hochzuklappen. Aber bei dem pulvrigen Schnee spielt das sowieso keine Rolle. Tieferer Schwerpunkt, besseres Handling, vom Carven im Pulver, bis zum Heizen auf der brettelharten Piste und umgekehrt. Aber kein Wort. Nicht einmal den Preis von 844 Euro, den das Skibike Freeride 5.2 kostet hat er uns charmant unter die Nase gerieben.
Er hat uns am Stuhleck, wo er eine Vermietung der Skibikes hat, zwei von den Eisen in die Hand gedrückt, und hat sich vorsorglich gleich einmal umgedreht und ist gegangen. Ich hab den Werner in den Schlepplift gschupft. Soll er sich einmal da um die Erd hauen und mit dem Bügel vom Schlepplift ein paar Beulen holen. Natürlich hab ich ihm das Schlepphilfebandl vorher vom Lenker abmontiert.
Muss man sich vorstellen, was der Jessner, genau, Jessner heißt er, gemacht hat. Der hat sich den Bügel gschnappt und ist raufgfahren. Ich hab mir noch nicht einmal mit dem vertrottelten T‑Stückl auf dem die anderen den Hintern halten, die Schulter fertig ausgekugelt gehabt, war der Werner schon oben. Gut, man muss sagen, wenn der Liftwart nicht unter Tränen vor lauter Lachen den Lift auf Babygeschwindigkeit gestellt hätte, würd ich immer noch mit dem Bügel raufen, aber um das geht es nicht. Sagt der Falott zu mir oben: „Ah, das mit den schmalen Skiern hat auch was, ich fahr normalerweise die Boards…“, und schmeißt mit Fachtermini um sich. Das kennt man eh, wenn sich einer so profilieren will. Die Bergab-Passage wird es schon richten, denk ich mir.
Stellt sich der Hund in die Rasten, und fangt da, ehrlich gestanden, gar nicht so schlecht runter zu schwingen an. Gut, ist ja auch kein Kunststück, mit dem 5.2 Freeride. Und immer hab ich ja auch nicht geschaut. Immer hab ich es auch gar nicht gesehen. Weil als es mich das zweite Mal zerrissen hat, ist so viel Schnee in meine Brille gekommen, dass es gar kein Wunder war, dass ich kurz drauf wieder gelegen bin.
Aber der Werner war fertig, sag ich Ihnen. Der hat nimmer können. Anders ist es nicht zu erklären, dass der eine Viertelstunde unten beim Lift auf mich gewartet hat.
Beim zweiten Mal rauf fahren, hat sich dann gezeigt, wer der wahre Meister ist, und wer der Eindrahra. Er sagt natürlich, er ist mitten auf der Piste aus dem Schlepplift gestiegen, weil er die geile Abfahrt im Wald gesehen hat. Aber das ist ein Blödsinn. Da standen die Bäume so dicht, dass keiner auf die Idee gekommen wäre da durchzufahren. Das musste er dann aber, da hat selbst er eingesehen, dass er jetzt schlecht kneifen kann.
Er hat schon eine Dodlmaßn ghabt. Bei jeder Wurzel hat es ihn oft meterhoch ausgehoben und er ist auch nach den weitesten Sprüngen sauber gelandet und konnte weitergefahren. Ich musste ja in seiner vergammelten Spur hinten nach fahren. Sicher ist das dann nimmer so leicht, und da liegst leicht einmal auf der Erd.
Er wollt dann noch einmal rauf fahren. Ist er auch ein paar Mal, hat er mir am Abend am Telefon erzählt. Ich bin dann heim. Ich hab ja meine Zeit nicht gestohlen. Jetzt will er mit mir natürlich Freund sein und einmal Motorradl fahren gehen. Nächstes Wochenende. Eine kleine Tour nach Südspanien und retour. Oder mit dem Fahrradl in die Schweiz und wieder zrück. Das macht der, wenn er grad nix anderes vor hat. Tät ich ja auch. Aber ich hab ka Zeit, Jessasna!
MotorradMagazin – 01/2019