Grüne Minna statt Blaue Elise
In seinem Trainingscamp zeigt Supermoto-Staatsmeister Hanson Schruf Profis, Amateuren und Supermoto-Neulingen, wo die Raste schleift — heuer auch Gabriele Gluschitsch.
Zum Supermoto-Training von Hanson Schruf wollte ich eigentlich nur, um nach der Winterpause wieder ein Gefühl für die Blaue Elise zu bekommen — das ist die kleine, blaue Yamaha 250 WRX, die seit Monaten unbeachtet im Keller steht. Ich wollte mit ihr ein bissl herumrollen, warm werden, damit das Schlängeln durch den Wiener Stadtverkehr g‘schmeidig rennt. Was ich in den drei Tagen aber alles lerne, reicht locker, dass mich freundliche Helfer von der Blauen Elise direkt in die Grüne Minna stecken.
Auf einen Sprung nach Ungarn
Seit fast zehn Jahren kommen Profis, Amateure und Anfänger auf einen Sprung ins ungarische Tököl, wo Supermoto-Staatsmeister Hanson Schruf gemeinsam mit dem ehemaligen Motocross-WM-Fahrer Köki ein dreitägiges Training abhält. Jeder Tag gliedert sich in zwei Trainingseinheiten am Vormittag und ein Freies Fahren mit anschließendem Rennen am Nachmittag. Am ersten Tag geht es gleich einmal mit den Slicks in den Offroad zu den Gleichgewichtsübungen. „Ziel der Übungen ist es, die Balance zu finden. Nur wenn die stimmt, hast du das Motorrad in jeder Situation unter Kontrolle. Das geht“, sagt Hanson. Und er hat recht, nach einer Stunde ziehen rund 40 Leute teils einhändig, teils auf nur einer Fußraste stehend oder auf der Sitzbank kniend ihre Runden. Es ist ein Wahnsinn, was alles geht und wie gut so ein Slick auf der Wiese, einer trockenen wohlgemerkt, hält. Kein Halten für die Profis und Amateure zumindest gibt es beim zweiten Übungsblock des Vormittags: Das Springen über den Table, der mitten in der Supermoto-Strecke aus dem Boden ragt. Mir flößt der Hügel schon etwas Respekt ein, und deshalb taste ich mich langsam heran. Der vierte Versuch gelingt– ich springe den Table durch. Einen Table, den ich bis dato bei den spärlichen Ausflügen auf eine Motocross-Strecke höchstens überollt habe. Besser wird dieser Tag nicht. Mit einem Dauergrinser warte ich auf den nächsten.
Über Stoppies und Wheelies zum Drift
Am zweiten Tag vergeht mir das Lachen, denn Ziel des Vormittags ist es, auf Asphalt um eine Pylone herumzudriften. Und die Vorübungen dazu sind Stoppies und Wheelies. Kenne ich beides aus dem Fernsehen — und vom Hanson. Der meint aber, dabei lerne man seine Bremsen kennen. Man muss, um zu driften, nämlich ordentlich in die Vorderbremse greifen, damit das Heck leicht wird. Für die Profis und Amateure, wie schon am Tag zuvor, ist auch diese Übung eine leichte. Ich quäl mich mit den Wheelies, dafür funktionieren die Stoppies. Was nach den Erklärungen von Köki bei uns Anfängern auch funktioniert — mal besser mal schlechter, aber immerhin — ist das Andriften und gleichzeitig nicht Niederführen der Pylone. Mit so einem fahrerischen Fortschritt habe ich nicht gerechnet.
Waschbrett und Anleger zum Schluss
Für den dritten und letzten Tag des Trainings hat sich Hanson die Gustostückerl Waschbrett und Anleger aufgehoben. Den Anleger fahren wir einhändig, am Motorrad stehend durch, damit wir ein Gefühl für ihn bekommen; seine Höhe, den Durchmesser.
Die fünf Schupfen des Waschbretts sollten gesprungen werden; zwei, zwei, eins. Gemeinsam mit dem herrn glu, der natürlich mit mir im Trainingslager ist und der durchwegs eine gute Figur am Radl macht, steh ich skeptisch davor. Köki sieht uns, kommt zu uns und sagt: „Ihr habt so viel gelernt in diesen Tagen, ihr könnt das. Wenn ihr auf das Waschbrett zufahrt, dann müsst ihr es auch durchziehen. Da gibt es dann kein Zögern. Sonst geht es schief. Es spielt sich alles im Kopf ab.“
Und da hat Köki recht. Motorradfahren beginnt im Kopf. Ich muss wissen, was ich tu, warum und was die Konsequenzen davon sind. Das hab ich in von Hanson und Köki gelernt — neben Table durchspringen, Kurven im Drift nehmen und Stoppies fahren. Darum wende ich meine neuerworbenen Fähigkeiten auch nicht auf der Straße an — ich will ja weiterhin Blaue Elise und nicht Grüne Minna fahren.